Mit Beschluss vom 16.11.2022, Az. XII ZB 100/22 stellte der BGH klar, dass eine Teilungsversteigerung auch in der Zeit zwischen Trennung und Scheidung möglich ist.
Bis dahin war diese Frage bei den Oberlandesgerichten umstritten. Allerdings ist die Teilungsversteigerung in der Trennungszeit ein heikles Unterfangen.
Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB
Zwar kann ein Ehegatte die Teilungsversteigerung für das gemeinsame Haus auch in der Trennungszeit beantragen, aber nur dann, wenn es nicht das einzige Vermögen nach § 1365 Abs. 1 BGB darstellt. Diese Schutzvorschrift soll die frühzeitige Veräußerung von Gegenständen verhindern, um den anderen Ehegatten vor einer Schmälerung seines Zugewinnausgleichsanspruchs zu schützen.
Verfügt der versteigernde Ehegatte über ein zusätzliches Vermögen von etwa 10-15 % des Wertes der betroffenen Immobilie, greift die Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB nicht.
Verstoß gegen die eheliche Fürsorgeverpflichtung gem. § 1353 BGB
Die Teilungsversteigerung kann auch gegen die eheliche Fürsorgeverpflichtung verstoßen, die die Rechtsprechung dem § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB entnimmt.
Ob ein solcher Verstoß vorliegt, ist nach den Vorgaben des BGH im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen.
Wenn die Teilungsversteigerung als Druckmittel gegen den anderen Ehegatten eingesetzt wird, liegt darin regelmäßig ein Verstoß gegen § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Das führt dann zwingend zur Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung und sollte im Teilungsversteigerungsverfahren eingewendet werden.
Interessenabwägung bei einer Teilungsversteigerung aus ökonomischen Gründen
Stehen ökonomische Interessen im Vordergrund, ist abzuwägen, wie dringend ein Ehegatte auf den Versteigerungserlös angewiesen ist. Dabei sind auch gesundheitliche Aspekte bei dem Ehepartner zu berücksichtigen, der in der Immobilie weiter wohnen will. Hier spielt eine Rolle, wie lange er bereits in der Ehewohnung lebt und ob er sich auch unter Berücksichtigung des auf ihn fallenden Veräußerungserlöses einen zumutbaren Ersatz beschaffen kann.
Leben minderjährige Kinder im Haushalt, ist bei der Abwägung der Maßstab des § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB anzuwenden, also zu schauen, ob und inwieweit das Wohl der Kinder durch einen Auszug aus der Ehewohnung beeinträchtigt wird. Bislang halten die Vollstreckungsgerichte den Umzug minderjähriger Kinder in den meisten Fällen für zumutbar. Ob sich daran etwas durch die Entscheidungen des BGH ändert, bleibt abzuwarten.
Auch die Trennung der Eheleute spielt bei der Interessenabwägung eine Rolle. Je länger die Trennung zurückliegt, desto mehr Zeit hatte der teilungsunwillige Ehegatte, um sich auf die geänderten Verhältnisse einzustellen.
Auswirkung auf die Praxis
Bislang gibt es keine Gerichtsentscheidungen, um einzuschätzen zu können, allerdings spricht einiges dafür, dass die Interessenabwägung eher zugunsten des Ehegatten ausfällt, der die Ehewohnung in der Trennungszeit bewohnt. Alternativ kann das Familiengericht auf Antrag ein befristetes Mietverhältnis für diesen Ehepartner begründen. Nach Auffassung des BGH kann der teilungswillige Ehegatte den Mietvertrag abwenden, wenn er sich der mit einer vorübergehenden Überlassung der Ehewohnung einverstanden erklärt. Allerdings müsste das betreffende Verfahren ausschließlich die Begründung eines Mietverhältnisses zum Inhalt haben.
Praxistipp
Die meisten Eheleute schaffen es, nach der Trennung ihre Vermögensdinge einvernehmlich zu regeln, weil ein Streit hierüber die meisten Kosten verschlingt und am nervenaufreibendsten für alle Beteiligten, vor allem für die Kinder ist.
In allen anderen Fällen ist den Betroffenen zu empfehlen, mithilfe einer Mediation ihren Streit Stück für Stück zu reduzieren, um dann in die Lage zu kommen, über Vermögensdinge, aber auch über Unterhalt, Umgang etc. ins Gespräch zu kommen und eine gute Lösung zu finden, die allen Beteiligten gerecht wird.
von Norbert Maes